Wil-Bronschhofen - Tessin - Wil-Bronschhofen (Fortsetzung) |
6. Etappe: Locarno - Pian San Giacomo = 58 Kilometer Einmal mehr tobte in der vergangenen Nacht ein heftiges Gewitter. Die Felder in der Magadino-Ebene sind teilweise überschwemmt und bei Bellinzona verhindert ein umgestürzter Baum das Weiterkommen auf dem Radweg. Nach einem kleinen Umweg finde ich wieder auf den ausgeschilderten Radweg zurück, der sich allerdings als ein ziemlich rauer Schotterweg entpuppt. Durch dichten, feuchten Wald geht es rauf und runter. Richtig einsam ist es, bis ich bei Roveredo für ein Stück auf der Kantonsstrasse weiterfahren muss. Doch bald darauf weist das bekannte rote Schild auf den nun geteerten Radweg, der mich bis vor Mesocco bringt.
Hier weist eine Tafel darauf hin, dass es während den nächsten 26 Kilometern 1'500 Höhenmeter zu bewältigen gilt. Das sind ja schöne Aussichten!
Der Radweg entlang der A13 mit Blick auf die Kirche von Soazza
Vor Mesocco endet der Radweg und es geht auf der verkehrsarmen Kantonsstrasse weiter
Durch Mesocco In Mesocco machen wir Rast und hängen die Akkus für eine Stunde ans Netz, damit sie sicher bis Pian San Giacomo reichen. Einmal mehr wird unser Anliegen vom Servierpersonal des Restaurants freundlich erfüllt.
Aufstieg nach Pian San Giacomo
Aufstieg nach Pian San Giacomo, im Hintergrund die A13 So schaffe ich die nächsten 400 Höhenmeter bis Pian San Giacomo locker, wo wir beim einzigen Restaurant für die Nacht parken können. Von der leckeren, riesigen Pizza, welche wir uns am Abend gönnen, schaffen wir nur knapp die Hälfte. Der Rest wird uns nochmals für zwei Mahlzeiten reichen. |
7. Etappe: Pian San Giacomo - San Bernardino Pass - Thusis = 67 Kilometer Nachdem wir die vollgeladenen Akkus vom freundlichen Wirt erhalten haben, kann es weiter gehen. Heute steht die eigentliche Königsetappe bevor, der San Bernardino. Das Wetter ist perfekt, die Temperatur angenehm. Über zahlreiche Serpentinen geht es auf der sehr gut ausgebauten Passstrasse zum 1'600 Meter hoch gelegenen Dorf San Bernardino. Wir kennen das Dorf auch vom Winterlanglauf, denn es gibt hier einige sehr attraktive Loipen. Jetzt sind wir überrascht, wie viele Touristen sich hier aufhalten. Auch wir gönnen uns einen Kaffee und den Akkus etwas Strom, bevor es auf die eigentliche Passstrasse geht.
Normalerweise fährt man durch den zeitsparenden, 6,6 Kilometer langen Tunnel der A13. Dabei verpasst man, vor allem bei solchem Prachtwetter, viel, denn der San Bernardino ist ein wunderschöner, gut ausgebauter Pass in einer grandiosen Bergwelt.
Geschafft: die Passhöhe ist erreicht Bei ca. 10 km/h Langsamkeit hat man viel Zeit, die Aussicht zu geniessen. Hier macht es mir aber auch viel Spass - und ich muss auch oft darüber schmunzeln - die Gesichter der entgegenkommenden Auto- oder Motorradfahrer zu beobachten, wenn sie mich daherradeln sehen. Beim Anblick eines Marsmännchens würden sie wahrscheinlich kaum anders drein gucken. Nur die Mienen der vollvisierbehelmten Motorradfahrer bleiben mir natürlich verborgen, aber sie werden sich wohl kaum von den anderen unterscheiden. Es gibt aber auch jene, die mir mit dem Daumen nach oben zuwinken oder anspornende Worte zurufen. Schliesslich haben wir die Passhöhe mit dem an einem schönen Bergseelein gelegenen Hospiz noch vor Mittag erreicht. Die Mittagsrest geniessen wir etwas unterhalb der Passhöhe, weg vom Rummel.
Talfahrt von der San Bernardino-Passhöhe
Ein Genuss: Über unzählige Serpentinen geht es talwärts. Im Hintergrund das Dorf Hinterrhein Gemütlich nehme ich die Abfahrt unter die Räder. Eine Serpentine reiht sich an die andere. Einmal mehr bin ich froh, gleich über vier einzeln anwendbare Bremsen zu verfügen. So kann ich die Bremsen abwechselnd benützen und ein Überhitzen vermeiden. Problemlos erreiche ich Hinterrhein, wo der Tunnel der A13 aus-, oder je nach Fahrtrichtung, in den Berg tritt. Wir bleiben selbstverständlich auf der durch schmucke Bündnerdörfer führenden Kantonsstrasse. Beim türkisblau leuchtenden Sufer-Stausee muss man einfach eine Rast einschalten und den Anblick geniessen.
Der Sufer-See mit dem Dörfchen Sufers
Andeer ist ein weiteres schmuckes Bündnerdorf, das sich unbedingt etwas genauer anzuschauen lohnt Die allermeisten Touristen, die auf der San Bernardino-Route in den Süden (oder umgekehrt in den Norden) wollen, haben wohl keine Ahnung, was sie mit dem Anliegen, möglichst schnell von Punkt A nach B zu kommen, alles verpassen, denn es reiht sich eine Attraktion an die andere. Schon bald nach dem zuvor erwähnten Sufer-See gelangt man zur imposanten (aber leider nicht rollstuhlgängigen) Roffla-Schlucht und kurz danach nach Andeer, einem wunderschönen Dorf mit prächtigen Bündner-Häuser, kopfsteingepflasterten Gassen und schmucken Dorfbrunnen. Auch ein Thermalbad und einen Campingplatz gibt es, zum Übernachten ist es aber noch zu früh. Mit der Viamala-Schlucht folgt dann gleich ein weiteres Highlight. Beeindruckend der Blick in die tiefe und enge Schlucht einerseits, fast unvorstellbar der Gedanke, dass durch diese Schlucht schon seit Jahrhunderten ein wichtiger Handelsweg führt. Der Name liess die auf die Reisenden zukommenden Beschwerlichkeiten aber schon erahnen: Via Mala = schlechter Weg.
Blick in die Viamala-Schlucht Bis Thusis ist es nun nicht mehr weit. Das ist auch gut so, denn mittlerweile ist es Abend geworden und in Thusis gibt es einen gut ausgebauten Campingplatz. |
8. Etappe: Thusis - Walenstadt = 73 Kilometer Wir stehen früh auf, denn es wird ein heisser Tag werden. Vom netten Campingwart erhalte ich nützliche Tipps und eine Radkarte über eine spannende Teilstrecke, den sogenannten Polenweg zwischen Rothenbrunnen und Ems. Zuerst geht es aber locker dem Rhein entlang nach Rothenbrunnen. Hoch über dem Talboden thronen wuchtige, teils gut erhaltene Burgen - weitere Zeugen, dass es sich hier um eine alte Handelsroute handelt, wo es sich lohnte, Wegzoll einzutreiben. Ich nehme mir vor, diese zu einem späteren Zeitpunkt zu besichtigen. Nach Rothenbrunnen zweige ich auf den als Radweg ausgeschilderten Polenweg ab. Die für den motorisierten Verkehr gesperrte Strasse wurde während des Zweiten Weltkrieges von polnischen Internierten aus dem Fels gehauen - daher der Name. Eine Gedenktafel erinnert an diese Zeit. Die Strasse ist zwar ungeteert, vorerst aber gut zu fahren und bietet phantastische Ausblicke auf das Tal mit den Dörfern Bonaduz (wo sich der Kreis meiner Tour für den Augenblick wieder schliesst) und Reichenau, wo sich Vorder- und Hinterrhein vereinigen. Nie hätte ich gedacht, dass hier oben ein Strasse durchführt, denn von der A13 aus sieht man absolut keine Anzeichen dafür - nur dichtbewaldete, steile Bergwände.
Auf dem Polenweg hoch über dem Rhein Adrenalin fliesst dann bei der steilen, unbefestigten Abfahrt nach Ems durch die Adern. Aber schliesslich ist auch das geschafft und locker geht es bis Landquart auf demselben - und mir deshalb bereits bestens bekannten - Radweg.
Der Radweg dem Rhein entlang zwischen Chur und Landquart. Bei 35 Grad Wärme weiss man den Schatten zu schätzen. Es ist sehr heiss, und so bin ich froh um den schattigen Radweg zwischen Chur und Landquart. Später kühle ich mich an verschiedenen Dorfbrunnen mit einer "Dusche" ab. Bei leichtem Gefälle geht es nun auf einem schönen Radweg dem Flüsschen Seez entlang Richtung Walensee, immer die beeindruckende Bergkulisse der Churfirsten im Blick, die von dieser Seite so anders aussehen, als vom Toggenburg her.
Der Radweg Richtung Walenstadt mit Blick auf die Churfirsten Es ist der 1. August und somit der Schweizer Nationalfeiertag. Eigentlich wollten wir in Murg unsere Tagesetappe beenden, aber wie mir Sonja via Handy mitteilt, gibt es im wunderschön am Walensee gelegenen Dorf keine Möglichkeit zum Übernachten, da alles ausgebucht ist. Die Festivitäten um den Nationalfeiertag und das prächtige Wetter lockten zu viele Leute hierher. So mache ich mich in Walenstadt auf die Suche nach dem Campingplatz und muss schliesslich froh sein, noch einen der letzten freien Plätze ergattern zu können. Wie sich dann herausstellt, war es ein Glücksfall, hier zu übernachten, denn nach Einbruch der Dunkelheit setzen wir uns mit einem Glas Wein ans Seeufer und staunen über die Vielfalt der Feuerwerke und Höhenfeuer. Das Eindrücklichste ist aber ein Feuerwerk vom 2'235 Meter hohen Zuestoll, dem spitzigsten der Churfirsten, wie wir es zuvor noch nie gesehen haben. |
9. und letzte Etappe: Walenstadt - Weesen - Uznach - Wald - Turbenthal - Wil-Bronschhofen = 92 Kilometer Mit dem Walensee folgt gleich nochmals ein Wegstück, auf das ich sehr gespannt bin, denn wenn man auf der Autobahn hier entlang fährt, kann man sich kaum vorstellen, dass es hier tatsächlich einen Radweg dem See entlang gibt. Es wurden auch keine Mühen gescheut, den Radlern eine geruhsame Fahrt dem See entlang zu gönnen, ohne mühsam den Kerenzerberg ersteigen zu müssen (was sich von der Aussicht her aber bestimmt auch lohnen würde). Auf teils überhängenden Stegen oder durch separate, beleuchtete Tunnels geht es meist dem Ufer entlang mit grossartigem Panorama auf die steil abfallenden Churfirsten und das in ihrem Windschutz liegende Dörfchen Quinten. Nur einmal gilt es in der Nähe der Autobahn-Raststätte eine steile - in entgegen gesetzter Richtung mit 25 % sogar sehr steilen - Passage zu überwinden. Nur allzu bald ist Weesen und somit das Ende des Walensees erreicht. Nun geht es dem Linthkanal entlang nach Schänis und durch die Linth-Ebene nach Uznach. Vor dem schweisstreibenden Aufstieg nach Wald kann ich mich noch am Anblick von 13 in einer Wiese nach Futter suchenden Störchen erfreuen. Nach Wald folgt dann ein weiterer Aufstieg bis Fischenthal. Mittlerweile ist es Mittag und es ist sehr heiss - einer der heissesten Tage dieses warmen Sommers 2013. So bin ich froh, als es endlich wieder mit leichtem Gefälle auf dem mir bestens bekannten Tösstal-Radweg nach Turbenthal und dann dem beschaulichen Bichelsee entlang Richtung nach Hause geht. Mit 92 Kilometern war dies die längste Etappe dieser Tour. Die Akkus zeigen immer noch 50 % Kapazität an, was bestimmt noch für 20 - 30 Kilometer reichen würde. Dabei wurden sie auf dieser Etappe nie nachgeladen und mit dem Aufstieg von Uznach nach Fischenthal waren auch einige Höhenmeter zu bewältigen. |
Fazit: Die E-Bike-Technik, Markus von Rotz als Konstrukteur, Sonja als geduldige Begleiterin und das Wetterglück haben mir tolle Erlebnisse und viele neue Entdeckungen entlang von Strassen, die man schon so oft befahren hat, ermöglicht. Diese Fahrt hat mir auch einmal mehr gezeigt, in was für einem schönen Land wir leben dürfen. Zudem haben wir viele nette, hilfsbereite Menschen kennen gelernt. Ich freue mich jetzt schon auf neue, spannende Touren. |
Bis Ende 2017 habe ich mit diesem Bike etwas mehr als 14'000 Kilometer zurückgelegt und dabei viel Neues entdeckt und viel Spass gehabt. Die Technik funktioniert nach wie vor einwandfrei. Bei Kilometer 10'000 baute ich zwei Radnabenmotoren der neueren Generation V2 ein. Die alten funktionierten zwar nach wie vor einwandfrei, machten aber etwas mehr Geräusch. Die V2-Motoren weisen ein besseres Drehmoment auf. Für grosse Touren mit vielen Höhenmetern führe ich jeweils zwei Ersatzakkus mit. Damit unsere E-Bikes auch in fernere Regionen transportiert werden können, schafften wir einen Anhänger, ausgerüstet mit Solarpanel und Ladestation, an. Mit dieser mobilen Garage sind die Fahrräder vor Wetter und Diebstahl geschützt und den eigenen Strom können wir auch noch produzieren. |
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