Ukraine, Bulgarien und Rumänien
Erstes Ziel ist der kleine, schön gelegene Ort Koktebel, der auch für seinen Wein bekannt ist. Der wahre Grund ist aber ein Bild in unserem Reiseführer, das eine wunderschöne Bucht, gebildet durch eine schmale Landzunge (infolge ihrer ständig wechselnden Farbe „Chamäleon-Landzunge“ genannt) zeigt. Auf gut Glück nehmen wir eine ausgewaschene Erdpiste, die uns auf einen Hügelzug führt, von dem aus wir die Bucht wie im Buch abgebildet sehen. Die Piste ist wirklich arg zerfurcht und zeugt davon, dass hier schon öfters Schlammschlachten ausgefochten wurden. Regen ist aber keiner in Sicht, und so fahren wir hinunter an den Strand, wo wir uns auch für die Nacht hinstellen. Es ist wirklich ein traumhaft schöner Ort. |
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Ist man bei Regen auf diesen Erdpisten unterwegs, wird die Fahrt bald einmal zur unangenehmen Schleuderpartie |
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Koktebel |
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Hier wächst der berühmte Krim-Sekt heran |
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Die Küstenstrasse führt durch die felsigen Berge der Krim, in deren Täler der berühmte Rebensaft gedeiht. Immer wieder bieten sich atemberaubende Ausblicke auf phantastische Buchten. Besonders spektakulär ist die Strasse nach Novyi Svet, der Hauptstadt des Krimsekts. Zuvor passiert man aber noch die eindrückliche Genuesische Festung von Sudak aus dem 14. Jahrhundert. |
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Genuesische Festung von Sudak |
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Auf dem Weg Richtung Jalta |
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Ähnlich wie an der russischen Schwarzmeerküste, wo der Kaukasus die kalten Winde abschirmt, verhält es sich auch an der Südküste der Krim, wo das Krim-Gebirge diese Aufgabe übernimmt und ebenfalls für ein mediterranes Klima sorgt. Nebst den vielen Weingärten bezeugen das vor allem die Parkanlagen um Jalta, besonders der wunderschöne Botanische Garten von Nikita. Der bereits vor 200 Jahren angelegte Garten ist heute einer der bedeutendsten botanischen Gärten der Welt. Auf einer Fläche von fast 230 Hektar wachsen über 20'000 Pflanzenarten, darunter auch viele subtropische. Der Park ist terrassenförmig gegen das Meer hin angelegt und mit wenigen Ausnahmen auch mit dem Rollstuhl gut zu befahren. Für den Rückweg zum Parkplatz nimmt man dann aber besser ein Taxi, da es steil hoch geht. |
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Im nächsten Garten, den wir besuchen, ist auch Weltgeschichte geschrieben worden. In der früheren Zarenresidenz Livadija, auch als Weisser Palast bekannt, trafen sich im Februar 1945 Churchill, Roosevelt und Stalin zur Konferenz von Jalta. Die grossen Drei besprachen die Nachkriegsziele der Anti-Hitler-Koalition und legten damals unter anderem die genaue Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen fest. Ausserdem einigten sie sich über die Notwendigkeit einer internationalen Friedensorganisation und vereinbarten eine Konferenz zur Gründung der Vereinten Nationen. Auch heutzutage finden im Palast von Livadija oft wichtige politische Treffen und Konferenzen statt. |
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Das sogenannte „Schwalbennest“. Es handelt sich dabei um ein 40 Meter über dem Meer waghalsig auf einen Felsen gebautes Schlösschen mit zahlreichen kleinen Türmchen, Zinnen und Erkern, das wie eine Miniaturausgabe von Schloss Neuschwanstein wirkt. Erbaut wurde das Wahrzeichen der Krim von einer betuchten Moskauer Dame im 19. Jahrhundert. Heute beherbergt das Märchenschlösschen ein von Touristen aus aller Welt rege besuchtes Restaurant mit Café. |
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Über einen kleinen Pass verlassen wir die Krim-Küste und erreichen bald darauf den ehemals wichtigen sowjetischen Militärhafen Sevastopol, der die berühmte Schwarzmeerflotte beherbergte. Damals war Sevastopol absolutes militärisches Sperrgebiet. Heute sind die Schiffe der Schwarzmeerflotte eine Touristenattraktion. Die Stadt mit den breiten Boulevards und der klassizistischen Prunkarchitektur macht einen aufgeräumten Eindruck. Wir nehmen die Fähre über das Hafenbecken und können so noch einige Schiffe der geschrumpften Flotte – sie wurde 1997 zwischen Russland und der Ukraine aufgeteilt – sehen. |
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Militärische Einrichtungen gibt es um Sevastopol immer noch zuhauf, trotzdem finden wir nördlich der Stadt einen einsamen Stellplatz direkt am Meer. Das Land ist hier bereits flach, fällt dann aber abrupt zum Meer hin ab. Ein Sturm rüttelt die ganze Nacht an unserem Auto und lässt das bisher so zahme Meer aufbäumen. |
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Überraschenderweise wird hier trotz dem Fehlen der schützenden Mauer des Krim-Gebirges immer noch Weinbau in grossem Stil betrieben. Erst weiter nördlich werden die Weingärten durch Weizenfelder sowie Kartoffel- und Zuckerrüben-Äcker abgelöst, die bis zum Horizont reichen. Das ist die Ukraine, wie man sie sich vorstellt: Die einstige Kornkammer der Sowjetunion. Die Fakten widerspiegeln den optischen Eindruck: Die landwirtschaftlich genutzte Fläche der Ukraine beläuft sich auf etwa 430'000 Quadratkilometer. Zum Vergleich: Die BRD weist eine Gesamtfläche von 360'000 Quadratkilometern auf. |
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Angenehm, aber nicht besonders spannend: Wenig frequentierte Nebenstrasse in der Ukraine |
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Unbehelligt passieren wir die wichtige Hafenstadt Odessa und bald darauf den ersten kurzen Korridor durch Moldawien. Die Grenzführung dieses kleinen Staates ist etwas eigenartig, gilt es doch zwei Korridore von wenigen Hundert Metern zu durchqueren. Sorgen bereiten uns allfällig aufwändige Grenzformalitäten, zumal Moldawien ein Visum verlangt, das wir aber nicht haben. Den ersten Korridor könnte man gemäss Strassenkarte noch umfahren, doch da wir die Abzweigung zu dieser Nebenstrasse verpassen, bleiben wir auf der Hauptroute und harren der Dinge die da kommen. Die Furcht war aber unbegründet, denn man erhält an einem Kontrollposten lediglich einen Zettel, den man bei der Ausreise wieder abgeben muss. Komplizierter wird es dann beim Dreiländereck Ukraine, Moldawien und Rumänien. Hier gibt es keine Umfahrungsmöglichkeit und eine Fährverbindung über die Donau nach Rumänien existiert entgegen den Angaben auf unserer Strassenkarte nicht. So muss man für eine Strecke von 400 Metern (!) durch Moldawien das ganze Zoll-Prozedere inkl. Ein- und Ausreisestempel absolvieren. Hätte man die grüne Versicherungskarte zu Hause vergessen, müsste man sogar noch eine Haftpflichtversicherung abschliessen! Der Zeitaufwand für diesen Unsinn beläuft sich je nach Verkehrsaufkommen auf mindestens 1 - 2 Stunden. |
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Wir nehmen die Fähre über die Donau und fahren ins Donau-Delta. In den kleinen, sauberen Dörfern des Deltas nisten viele Störche, die jetzt gerade dabei sind, ihre Jungen zu füttern. |
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Nochmals überqueren wir einen Donauarm mittels einer einfachen Fähre, um dann auf einem schmalen und löchrigen Dammweg weiter ins Delta vorzudringen. |
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So holpern wir eine Weile dahin, passieren Auen, dichtes Gestrüpp und ein sich in die Länge ziehendes Dorf. Das Delta ist aber weitgehend entwässert und wird landwirtschaftlich genutzt. Um die ursprüngliche Sumpflandschaft mit ihrem Vogelreichtum zu besuchen, ist man wohl auf ein Boot angewiesen. Trotzdem finden wir einen schönen Stellplatz, auf dem uns später auch noch eine Schafherde besucht. |
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Der nördlichste Küstenabschnitt Bulgariens ist noch weitgehend unverbaut, und so stellen wir uns schon am frühen Nachmittag auf eine blumige Wiese am felsigen Strand. Zwar besucht uns noch die Küstenpolizei, aber nur um sich nach zwei vermissten Kanufahrern zu erkundigen. Freundlich verabschieden sie sich und wünschen uns einen angenehmen Aufenthalt. Das gibt schon einmal ein gutes Gefühl. |
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Kap Kaliakra |
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Ansonsten ist es aber ziemlich hoffnungslos, an der bulgarischen Küste einen „wilden“ Stellplatz zu finden. In den letzten Jahren wurde sehr viel gebaut und ein Ende des Baubooms ist wohl erst dann abzusehen, wenn auch noch der letzte Meter Küste zugebaut ist. Im netten Ferienort Carevo verabschieden wir uns vom Schwarzen Meer und reisen bereits wenig später ein weiteres Mal in die Türkei ein, um dann an jener Kreuzung, wo wir vor 8 Wochen Richtung Marmara-Meer abgebogen sind, den Kreis unserer Rundreise zu schliessen. |
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Sind in Bulgarien derart viele deutschsprachigen Touristen unterwegs? Oder sind die deutschsprachigen Touristen derart schlechte Autofahrer, dass Hinweistafeln nebst bulgarisch (identisch mit russisch-kyrillisch) auch noch in deutsch (nur deutsch, keine weiteren Fremdsprachen) geschrieben sind? Wir wissen es nicht, haben uns aber doch gewundert. |