Ostafrika 1

Teil 8: Tansania und Kenia

Unser Beni fährt auf tansanischen Boden

Auf dem Weg nach Dar es Salaam übernachten wir bei einer Schule

Einige Tage Erholung am Kipepeo Beach in Dar es Salaam haben wir uns verdient. Hier können wir auch das Auto während unseres Ausfluges nach Sansibar sicher stehen lassen.

 In den Gassen von Stone Town, Sansibar

"Der Reifen ist am Morgen schnell geflickt, und sogleich machen wir uns auf den Weg, das alte Sansibar zu entdecken. Es ist ein Eintauchen in eine geheimnisvolle, fremde Welt, wie man sie eben nur in orientalischen Medinas, Souks oder Basars findet. Wir spazieren durch enge, verwinkelte Gassen, sehen die verblichene Pracht, die vielerorts der dringenden Restauration harrt und bewundern schwere Holztüren mit geschnitzten Inschriften oder Balkone mit raffiniertem Gitterwerk, die noch aus einer Zeit stammen, als Frauen im Verborgenen bleiben mussten. Einige Häuser sind aber bereits hoffnungslos verfallen, und ihre Ruinen sind nun bis in die oberen Stockwerke mit Schutt und Müll gefüllt. Hinter jeder Ecke entdeckt man etwas Neues. Männer in weissen Gewändern, das gestickte islamische Käppchen auf dem Kopf, grüssen uns mit einem freundlichen 'Jambo'. In winzigen Werkstätten werden Möbel geschreinert oder an Tretnähmaschinen Kleider genäht, und in ebenso winzigen Läden, aus denen der Duft exotischer Gewürze strömt, bieten Krämer ihre Waren an."

 

Die verfallende Pracht von Sansibar harrt vielerorts noch der Restauration

"Bereits im 8. Jahrhundert sind arabische Händler bis nach Sansibar gesegelt, um Gold, Elfenbein, Gewürze und Sklaven gegen Stoffe und Perlen zu tauschen. Der Südost-Passat erfährt in den Sommermonaten einen halbjährigen Richtungswechsel. Um in ihre Heimat zurückzukehren, waren die Araber auf diesen in nordöstliche Richtung wehenden Wind angewiesen. So blieben sie gezwungenermassen für mehrere Monate auf Sansibar und errichteten schliesslich dauerhafte Siedlungen. Sansibar wurde ein Glied in einer Kette von Häfen, die sich an der ostafrikanischen Küste von Mogadischu bis ins heutige Mosambik reihten. Mit ihrem wachsenden Reichtum aus dem Handel wurden diese Häfen zu mächtigen Stadtstaaten. Im Mittelalter tauchten mit den Portugiesen die ersten Europäer auf, die dann die Araber vertrieben, um fortan den lukrativen Handel zu übernehmen. Aufstrebende europäische Seefahrernationen wie auch das Omanische Reich machten nun dem kleinen Portugal seine Handelsstützpunkte streitig – Portugal verlor bis auf Ilha Mosambik alle seine Handelsposten an der ostafrikanischen Küste. Die omanischen Herrscher führten anfangs des Neunzehnten Jahrhunderts die Gewürznelken ein, steigerten aber auch den Sklavenhandel beträchtlich. Rund 50’000 Afrikaner wurden jährlich auf dem berüchtigten Sklavenmarkt von Sansibar verkauft. Angesichts des florierenden Handels liess sich 1832 der Sultan von Oman auf der Insel nieder. Die meisten Gebäude der 'Stone Town' entstanden zu dieser Zeit."

 

Geschäftshaus in Sansibar

Vollbeladene Dhauen warten im Hafen von Sansibar auf die Entladung

"Beim alten Hafen spuckt uns das Gassengewirr wieder aus. Hier liegen bunt bemalte, schwerfällige Dhauen vor Anker, die beladen oder entladen werden. Mit dicken Sisalseilen ziehen schwitzende Männer die Fracht an den Kai. Es riecht nach Meer und nach Fisch, und es ist eine Szenerie, wie man sie wohl schon vor Hunderten von Jahren vorgefunden hat."

Dhauen segeln ihrem neuen Ziel entgegen.

Strand beim historischen Bagamayo, nördlich von Dar es Salaam

"Nachdem wir am nächsten Morgen 60 holprige Kilometer ins Landesinnere hinter uns gebracht haben, stossen wir auf die Fernstrasse Dar es Salaam - Arusha. Sie befindet sich in gutem Zustand, und gerade das macht sie – wie wir schnell feststellen müssen – ungemein gefährlich. Einmal mehr tun sich vor allem die Busfahrer besonders negativ hervor. Viele Busse sind neueren Baudatums und verfügen deshalb über genügend Power, ihre Lenker in einen offenbar permanenten Geschwindigkeitsrausch zu versetzen. In knalligem Gelb oder giftigem Grün gespritzt, lehren sie schon von weitem das Fürchten. Auf die Rückwände sind 'passende' Sprüche wie 'Peace and Love – Frieden und Liebe' oder 'We trust in God – Wir vertrauen in Gott' gepinselt. Einmal parken wir für einen Moment auf einer Haltestelle, um uns am Steuer abzuwechseln. Wie üblich, kommen sofort einige fliegende Händler angerannt. Während des Transfers auf den Beifahrersitz kann ich im Rückspiegel gerade noch das reflexartige Zurückschrecken eines Jungen erkennen. Instinktiv werfe ich einen Blick nach vorne und sehe mich unvermittelt frontal einem Bus gegenüber, der ohne Warnzeichen mit hoher Geschwindigkeit gerade einen anderen überholt. Mir bleibt beinahe das Herz stehen. Äusserst knapp rast der Bus an uns vorbei."

Auf umgestürzte Lkws trifft man auf afrikanischen Strassen häufig. Die Fahrweise der Tansanier empfanden wir als ziemlich die schlimmste auf dem Kontinent.

   

Mount Kilimanjaro von der Maua-Mission aus gesehen

 

"Nach diesem Abstecher geht es wiederum auf der mörderischen Fernstrasse weiter. Wir fahren an riesigen Sisalplantagen vorbei und durch weite Dornbuschsavanne. Angestrengt halten wir nach dem Kilimanjaro Ausschau. Der mit 5’892 Metern höchste Berg Afrikas versteckt sich jedoch weitgehend hinter dicken Wolken. Einzig ein Teil seiner östlichen Flanke lässt seine Mächtigkeit erahnen, und schon wenig später fahren wir den überaus fruchtbaren Abhang des Kilimanjaro hoch, zur Maua-Mission der Franziskanerinnen. Schon lange vor der Abreise war der Besuch dieser Mission geplant, da die initiative und mass­geblich am Aufbau der Mission beteiligte Schwester Immacolata eine Bekannte von uns ist. Nur kommen wir zu spät, da sie vor wenigen Wochen verstorben ist. Trotzdem werden wir von den Missionsschwestern überaus herzlich begrüsst – zu unserer Überraschung sogar mit Wangenküssen. Man führt uns durch die weiträumige Anlage, zeigt uns die verschiedenen Gebäude, die wohnlichen Unterkünfte, das Schulungszentrum, die Schneiderei, die Stallungen für Kühe, Schweine oder Hühner, die Gärten, wo alles Gemüse dieser Welt zu gedeihen scheint und Blumen und Sträucher in verschwenderischer Pracht blühen. Unser Rundgang endet schliesslich vor dem einfachen Grab dieser aussergewöhnlichen Frau. Sie hat in Tansania noch zwei weitere Missionen sowie eine Augenklinik aufgebaut.

Im Gegensatz zum schweizerischen Mutterkloster, wo das Durchschnittsalter der 16 verbliebenen Nonnen 75 Jahre beträgt, erfreuen sich die hiesigen Missionen eines regen Zulaufes. So steht jetzt auch noch ein weiteres Haus mit 50 modernen, bereits an Novizinnen vergebenen Zimmern kurz vor der Vollendung. Allerdings ist mit Schwester Theresia nur noch eine einzige, auch schon betagte und gebrechliche Schweizer Nonne übriggeblieben. Was passiert, wenn auch sie gestorben ist? Wie soll es dann weiter gehen? Wird der übliche afrikanische Schlendrian überhand nehmen und dieses Lebenswerk wieder zerstören? Unsere Bedenken werden von zur vor Wochenfrist abgehaltenen Beerdigung angereisten Landsleuten und Mitgliedern des den Orden unterstützenden Kirchenrates mit der Begründung zerstreut, Schwester Immacolata habe schon vor vielen Jahren damit begonnen, Verantwortung an die Nachfolgerinnen abzugeben. Trotzdem: Eine zweite Immacolata wird es nicht mehr geben."

 

Abfahrt zum Ngorongoro-Krater

 

Der Ngorongoro-Krater im frühen Morgenlicht

"Auf dem 2’250 Meter hoch gelegenen Kraterrand angekommen, bietet sich ein überwältigender Ausblick auf den riesigen Vulkankrater mit einem Durchmesser von 16 Kilometern, aus dem vor schätzungsweise 2½ Millionen Jahren noch glühende Lava quoll. Heute ist der sehr flache Kraterboden mit grünem Grasland überzogen. Am tiefsten Punkt hat sich ein grosser See gebildet, der – zusammen mit einigen weiteren kleineren Seen sowie verschiedenen Wasserläufen – einen Garten Eden für eine der weltweit dichtesten Wildtierpopulationen hat entstehen lassen. Der Kraterboden ist mit Tausenden von Punkten übersät, die sich durch die Vergrösserung des Fernglases als Büffel, Gnus, Zebras, Gazellen oder Elefanten offenbaren. Während der Weiterfahrt auf dem teilweise schmalen Kraterrand fällt es dann schwer, sich nicht zu fest von den fantastischen Ausblicken ablenken zu lassen."

Diesen prächtigen Elefantenbullen trafen wir im Ngorongoro-Krater. Im Vordergrund versucht eine Hyäne der drohenden Konfrontation zu entgehen.

 

Amboseli Nationalpark

 

Afrikanisches Grosswild vor dem schneebedeckten Kilimanjaro - diese grossartige Symbiose gibt es nur in Ostafrika!

 

In einem Massai-Dorf beim Amboseli-Nationalpark. Daniel, der Häuptlingssohn, führte uns durch sein Dorf und erklärte uns Kultur und Tradition seines Volkes. Wir können ihn und sein Dorf wirklich empfehlen. Man trifft ihn zuweilen auf dem Campingplatz des Amboseli-Nationalparks. Sein Dorf liegt unweit vom Camp.

Begrüssungs-Zeremonie

"Wie gewohnt brechen wir sehr früh am Morgen zur Pirschfahrt auf. Der Himmel ist zwar bedeckt, trotzdem steht der Kilimanjaro frei. Wiederum sehen wir viele Tiere, doch nun sind wir auf das Massai-Dorf gespannt. Daniel, der Häuptlingssohn, erwartet uns bereits beim Camp, und nach einer kurzen Fahrt kommen wir bei seinem Kral an. Nach einigen erklärenden Worten werden wir von seiner aus etwa 30 Frauen und Männern bestehenden Sippe mit Gesang, Tanz und einem Gebet willkommen geheissen. Ausser den Säuglingen auf dem Rücken ihrer Mütter sind keine Kinder zu sehen: Sie müssen die Schafe, Ziegen und Rinder draussen im Busch hüten. Erst am Abend werden die jungen Hirten die Herden in den zum Schutz vor wilden Tieren durch starkes Dorngestrüpp eingefriedeten Kral treiben, der dann verschlossen wird. Zudem werden Massai-Krieger einander abwechselnd die ganze Nacht über den Kral bewachen."

 

Nebst der Pflege ihrer überlieferten Traditionen leben die meisten Massai auch heute noch so, wie sie es schon seit Jahrhunderten tun. In diesem Kral gibt es weder Elektrizität noch irgendwelche technischen Einrichtungen. Daniel versichert, sie besässen keine Streichhölzer und entfachten das Feuer immer noch durch schnelles Drehen von Holzstäben in einem Büschel dürren Grases. Krankheiten werden mit Naturheilmitteln, hergestellt aus dem Sud verschiedener Hölzer oder Wurzeln, bekämpft. Das alles wird uns, nebst weiteren Tänzen, vordemonstriert und erklärt. Am Ende unseres Besuchs breiten dann die Frauen und Männer ihre meist selbst gefertigten Erinnerungsstücke auf dem Boden aus. „Aha, hat Daniels günstiges und bisher auch sehr lohnenswertes Angebot doch noch einen Haken? Beginnt nun das übliche Bedrängen und Feilschen?“ Doch dem ist nicht so. Alle Gegenstände werden über ihren Sinn oder Verwendungszweck beschrieben. Da gibt es neben allerlei Schmuckgegenständen und Holzschnitzereien einen Fliegenwedel, gefertigt aus den langen Haaren des Giraffenschwanzes, Löwenzähne an einer Halskette, einen schweren Speer, der schon einen Löwen getötet haben soll oder einen aus Holz geschnitzten Medizinmann. In keiner Weise drängt man uns zum Kauf. Am Ende erstehen wir dann doch den geschnitzten Medizinmann und einen Speer für zeremonielle Anlässe. Sie werden zu Hause ihren Platz finden und uns an einen eindrücklichen und lehrreichen Besuch bei sehr traditionsbewussten, als Einheit der Natur lebende Menschen erinnern.

Wiederum begleitet uns die ganze Sippe singend zum Auto und stellt sich dort zu einem gemeinsamen Foto in Positur. Hoffentlich können diese Menschen noch lange ihre gewohnte Lebensweise beibehalten. Die Zukunft in einer für sie immer enger werdenden Welt sieht allerdings nicht allzu rosig aus.

 

Unsere 2. Äquator-Überquerung

Unser kleiner Privat-Konvoi durch Nord-Kenia. Hier, bei der Überquerung des Äquators, war die Welt für unsere Motorradfahrer noch Ordnung.

Raues Land: Nordost-Kenia

Abstieg zum Lake Turkana

"Langsam aber stetig verlieren wir an Höhe. Mit jedem weiteren Kilometer steigt die Temperatur an und entsprechend wird auch die Vegetation zunehmend dürftiger. Das Fahrvergnügen hält bis zu der Stelle an, wo der Abstieg in den Ostafrikanischen Grabenbruch und zum Turkana-See beginnt. Nun rutschen die Räder über loses Geröll, das zuweilen auch am Unterbodenschutz oder an den Achskörpern schabt. Vor allem unseren Motorradfahrern bereiten diese Voraussetzungen wieder grosse Schwierigkeiten. Angela stürzt ein weiteres Mal und holt sich dabei eine blutige Schramme. Müde, am Boden zerschlagen, bricht sie in Tränen aus. Wir pflegen und trösten sie und vereinbaren schliesslich, schon einmal vorauszufahren und einen Übernachtungsplatz zu suchen, währenddessen Hermann die Funktion als Besenwagen beibehält. Das im Reiseführer als 'Campingplatz mit Swimmingpool und nettem Restaurant unter wogenden Palmen' gepriesene Tagesziel sollte nicht mehr allzu weit entfernt sein."

 

 

 

 

"Der Weg führt nun nahe dem Seeufer entlang, dessen blaue Wasserfläche in dieser steinigen Einöde, in der die knochendürren Ziegen der Eingeborenen kaum etwas zum Fressen finden, unwirklich ist. Diese Menschen fristen ein unglaublich hartes und armseliges Leben. Tagsüber klettert hier die Temperatur oft auf 50 Grad Celsius im nicht vorhanden Schatten an, und die aufgeheizten Steine strahlen dann die gespeicherte Hitze einem Backofen gleich noch lange nach Sonnenuntergang in die Atmosphäre ab. Starke Fallwinde wehen wie Heizgebläse durch die Gegend und machen den Aufenthalt auch nicht gerade angenehmer. Die Menschen sind gänzlich auf das angewiesen, was ihre Ziegen an Fleisch und Milch und der See an Fisch hergibt. Wasser ist zwar in Seenähe im Überfluss vorhanden, doch ist es, wie die meisten anderen abflusslosen Seen im Grabenbruch auch, durch eingespültes Natriumkarbonat alkalisch. Nur in der Nähe des Omo-Deltas, des einzigen ganzjährig wasserführenden Zuflusses, ist das Wasser süsser. Dem Omo-Fluss verdankt der Turkana-See auch das Prädikat, der grösste permanente Wüstensee der Erde zu sein.

Das Tagesziel Loyangalani ist dann nichts weiter als eine Ansammlung primitiver Schilfhütten um eine Süsswasserquelle. Wie eine Fata Morgana löst sich das auf dem Papier des Reiseführers angekündigte Paradies in Luft auf. Zwar sind die Palmen noch da, doch Duschen und Toiletten sind unbrauchbar, der Swimmingpool ist mit brackig gewordenem Wasser eines fernen Regens halb gefüllt und das Restaurant eine in sich zusammengebrochene Ruine. Für die Benutzung dieses Trümmerhaufens will der Besitzer auch noch einen stolzen Preis haben. Nun folgen wir eben doch den zahlreichen Schleppern, die uns schon bei der Ankunft bedrängt hatten. Jeder bietet ein noch schöneres Camp an, doch unsere Begeisterung hält sich in engen Grenzen, zumal wir ja davon geträumt hatten, unser Lager an den Gestaden des Sees aufschlagen zu können."

Abendstimmung am Turkana-See

"Trotz einbrechender Dunkelheit fahren Sonja und ich nochmals einige Kilometer zurück, um einen Platz am Seeufer zu suchen. Auf halbem Weg kommen uns die beiden Motorradfahrer entgegen – ohne Hermann! Völlig aufgelöst erzählen die beiden die neue Katastrophe: Weil Angela von der Geröllpiste total überfordert war, hat sich Hermann auf das Motorrad gesetzt und das Steuer des Volkswagen – etwas, was er nach seinen Ausführungen sonst nie machen würde – an seine Frau Maria übergeben. An einer Steigung ist dann der Volkswagen mit einem mechanischen Defekt (die beiden niedergeschlagenen Motorradfahrer vermuten einen Kupplungsschaden) stehen geblieben. Nun sei Hermann völlig ausgerastet, da er wegen der ungeübten Motorradfahrer seinen Leitsatz umgestossen und dafür die Quittung erhalten habe. Er habe die beiden nur noch angeschrieen, sie sollten blitzartig aus seinem Blickfeld verschwinden, er wolle sie nie mehr wiedersehen."

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