Bild- und Textausschnitte Australien

Am frühen Morgen des 30. Dezembers besteigen wir ein Flugzeug der "Singapore Airlines" nach Hongkong. Einige Stunden später gleitet dort der Jumbo zwischen Hochhäusern hindurch auf die ins Meer hinausgebaute Landebahn. Ein Taxi bringt uns auf die Insel, die durch einen Strassentunnel mit dem Festland verbunden wir, wo wir ein Hotelzimmer mit Blick auf den Hafen und die imposante Skyline beziehen.

Mit einem gemieteten "Mini Moke" erkunden wir Macao und die beiden vorgelagerten Inseln, die durch Brücken mit dem Festland verbunden sind. Viel zu sehen gibt es allerdings nicht. Der Reiz von Macao ist die geografische Lage und das portugiesische Flair, das immer noch vorhanden ist. Von der bewegten Vergangenheit Macaos ist leider nicht viel übrig geblieben. Die meisten Besucher kommen sowieso der Spielcasinos wegen.

Bis das Auto eintrifft, haben wir noch einige Tage Zeit. Diese nutzen wir dazu, die faszinierende Stadt zu durchstreifen. Schöne, saubere Parks, reizende Fussgängerzonen und jede Menge Sehenswürdigkeiten und Attraktionen, und alles auch mit dem Rollstuhl problemlos zugänglich, machen den Aufenthalt in Sydney zum Genuss. Über das Wochenende halten wir uns stundenlang am Hafen beim weltberühmten Opernhaus auf. Das Bauwerk, oder besser vielleicht Kunstwerk, wird oft als das schönste Gebäude der modernen Architektur gerühmt. Tatsächlich kann man das neue Wahrzeichen Sydneys anschauen, woher man will, es ist immer gleichermassen faszinierend, auch in Detailbetrachtungen. Je nach Betrachtungswinkel wird die Kulisse noch durch die mächtige Hafenbrücke, die eindrückliche Skyline der City oder das tiefblaue Wasser des Hafens, auf dem sich Schiffe und Boote aller Grössen tummeln, ergänzt.

Das ist kein fliegender Hai: Sonja im riesigen Aquarium von Sydney.

Gemütlich geht’s der Küste entlang nordwärts. Schon bald stellen wir erfreut fest, dass Australien ein wahres Camperparadies ist. Es gibt viele Nationalparks oder State-Forests, wo sich wunderschöne, in die Natur integrierte Campingplätze befinden. Dann verfügt aber auch fast jeder Ort über einen oder mehrere private Campingplätze, welche aber nicht dasselbe Naturerlebnis bieten können. Diese Plätze fahren wir hin und wieder an, wenn die Wäsche eine Reinigung nötig hat. Oft übernachten wir aber auch einfach entlang der Strasse, auf sogenannten ‘Rest Areas’. Diese Rastplätze sind meistens mit Tischen, Bänken, Feuerstellen und sauberen Toiletten ausgestattet, und das alles zum Nulltarif. Am Abend brennt denn auch jeweils ein knisterndes Lagerfeuer, und darüber brutzelt ein saftiges Steak. Für ein Kilo erstklassiges Rindfleisch bezahlt man lediglich etwa zehn Franken.

Das Verkehrsschild zeigt, dass Australien eine eigene Tierwelt besitzt

Eigentlich wäre nun Regenzeit, doch das Wetter ist seit Wochen wunderschön und trocken. So entschliessen wir uns, die Schotterpiste nach Cooktown in Angriff zu nehmen. Auf der Fahrt durch die menschenleere, von Buschwald bewachsenen Gegend, wird uns einmal mehr die Grösse dieses Landes bewusst. Nur selten kommt ein Auto entgegen. Es ist selbstverständlich, dass man sich im australischen Busch freundlich zuwinkt oder einem mit einer Panne Stehengebliebenen Hilfe anbietet. Zahlreiche Bäche sind zu durchqueren, was angesichts der Trockenheit einfach ist. Sollte der Regen aber doch noch kommen, könnte das ziemlich ungemütlich werden, denn dann gäbe es kaum mehr ein Durchkommen. Zur Zeit sieht es aber nicht danach aus. Am hellblauen Himmel ist kein Wölkchen zu sehen, und es ist sehr warm. Bei grösseren, wasserführenden Flüssen warnt eine Tafel vor Krokodilen.

Riesige Termitenhügel im australischen Busch

Cooktown ist für uns der nördliche Wendepunkt. Etwa dreihundert Kilometer müssen wir wieder auf derselben Schotterpiste zurückfahren. Erst dann nimmt uns ein Asphaltband auf. Aber nur für kurze Zeit, denn schon bald zweigen wir wieder auf eine Piste ab, die zwar schwieriger als die komfortable Teerstrasse zu befahren, dafür aber umso reizvoller und nicht zu letzt auch eine Abkürzung ist. Die rote Sandpiste führt schnurgeradeaus bis zum Horizont. Ab und zu passieren wir eine abgelegene Farm. Viele Termitenhügel, rotfarben wie die trockene Erde, erheben sich bis zu zwei Meter hoch. Bei einer Rast bemerke ich, dass die Bremswirkung unseres Autos gleich Null ist. Nun leuchtet auch die Bremskontrollampe auf, was heisst, dass ein Bremskreis infolge Bremsflüssigkeitsverlust ausgefallen ist.

Vorsichtig fahren wir weiter. Hindernisse gibt es ja kaum. Die Strasse führt weiterhin, wie mit einem Lineal gezogen, durch die menschenleere Gegend. Andere Fahrzeuge haben wir seit Stunden keine mehr gesehen. Am Abend gelangen wir an einen einsamen Nationalpark mit einem Campingplatz, auf dem sich ausser einer Känguruhfamilie niemand befindet. Ich krieche unters Auto, um den Schaden zu begutachten. Durch das ewige Vibrieren über Hunderte von Kilometern auf Schotter-, Sand- und Erdpisten ist eine Bremsleitung an der Hinterachse gerissen. Wir bauen sie mehrmals aus und ein und versuchen sie mit verschiedenen Mitteln abzudichten, doch es gelingt nicht. Dafür muss ich gleich noch andere Defekte feststellen: Das in Indien angefertigte Federblatt ist auch wieder gebrochen, und ein leises Zischen am Hinterrad kündigt nach vierzigtausend Kilometern den ersten Plattfuss an. Ein bisschen viel auf einmal, nach so langer pannenfreier Fahrt!

Die Staubwolke kündet den Road Train schon von weitem an. Es bleibt also genügend Zeit, sich möglichst in Sicherheit zu bringen.

Am späten Nachmittag fahren wir zum Sunset-View und beobachten das Farbenspiel. Das Wetter ist für die Jahreszeit erstaunlich kühl und regnerisch, und der Ayers Rock liegt in blassem Graurot vor uns. Dann bricht plötzlich die Sonne durch, und ein herrlicher Regenbogen wölbt sich über den leuchtendroten Berg. Die Farben wechseln nun je nach Sonneneinstrahlung von grau und blau über die verschiedensten Rottöne. Der Parkplatz füllt sich immer mehr, und Kameras klicken und surren.

In der Nacht hat es stark geregnet. Riesige Pfützen, wo man hinschaut. Die Sonne scheint aber zeitweise schon wieder. Grund genug, zu den dreissig Kilometer entfernten Olgas aufzubrechen. Die dunkelrote Wellblech- und Sandpiste hat sich durch die Regenfälle in einen Schlammpfad verwandelt. Hohe Fontänen von rotem Schlammwasser werden von den Rädern emporgeschleudert, der Wagen schlingert wie auf Schnee. Ein uns folgender Kleinbus gibt die Fahrt bald einmal auf und kehrt um. So begegnen uns kaum noch andere Fahrzeuge. 

Näher und näher kommt das Gebirge, das aussieht, als würde es aus unförmigen Steineiern bestehen. Nebelschwaden wälzen sich über die runden, glatten Felsen. Kein Mensch ist zu sehen. Ein wirklich eindrückliches Szenarium. Dann bricht der Himmel auf, und die Sonne setzt diese eigenartige, regennasse Landschaft in gleissendes Licht.

Wieder zurück in Yulara, hat unser Auto eine neue Farbe: Aus weiss wurde rot. Auf dem weiten Weg nach Coober Pedy wird unsere neue Abenteuer-Look-Bemalung oft bestaunt.

Von Melbourn führt die Great Ocean Road direkt dem Meer entlang. Sie wird zu Recht als eine der schönsten Küstenstrassen der Welt bezeichnet. Höhepunkt ist dabei der Port Campbell National Park mit den berühmten "Zwölf Aposteln", zwölf steil aus dem Wasser ragenden^, von einer ständigen heftigen Brandung umspülte Felsen, oder die "London Bridge", eine Naturbrücke, die sich über die tosenden Wasser spannt. Immer wieder führen Wege zur senkrecht abfallenden Küste, wo man spektakuläre Ausblicke auf seltsam Steinformationen und tief eingeschnittene Buchten hat.

Die Vegetation wird wieder üppiger, die Landschaft grüner. Man passiert dann die Gegend um Kalgoorlie, wo Ende des letzten Jahrhunderts wiederum ein Goldrausch stattfand. Zahlreiche verlassene Minen und Geisterstädte zeugen davon. In Kalgoorlie selbst sind aber immer noch einige Goldminen in Betrieb. Unser Weg führt aber südwärts, an die Küste bei Esperance. Schneeweisser Strand und fantastisch blaues und klares Wasser würden hier zum Baden verlocken, doch mittlerweilen macht sich der Herbst bemerkbar, und es ist schon ziemlich kühl. Auf dem Campingplatz besuchen uns wiederum zahme Känguruhs und wollen am Frühstück teilhaben. Im Ort Esperance wird auf einem langen Holzsteg eifrig gefischt. Man zerlegt den Fang gleich vor Ort und wirft die Fischeingeweide zurück ins Wasser, sehr zur Freude eines überaus vielgefrässigen Seehundes.

Schattenspiele am schneeweissen Strand, der auch sehr gut mit dem Rollstuhl zu befahren ist

 

Nur ein kleiner Umweg ist für den Besuch des eindrücklichen "Wave Rock" nötig, und dieser lohnt sich auf jeden Fall. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um eine Sandsteinformation, welche wie eine riesige, sich überschlagende Welle aussieht. Der "Wellenstein" ist fünfzehn Meter hoch, rund einhundert lang und um die zweieinhalb Millionen Jahre alt.

 

Am 5. April 1990 erledigen wir die Zollformalitäten für unsere "Mähre", welche anschliessend wieder einmal in einen Container verladen wird. 55'000 pannenfreie Kilometer haen wir mit ihr in den letzten zwölf Monaten zurückgelegt. Nur allzugern würden wir noch weiterfahren, Neues sehen und erleben, doch wir haben eine Zeit von zwölf Monaten festgelegt, und zu Hause warten Verpflichtungen auf uns.

 

Nachdem das Auto verpackt ist, beginnt für uns der lange Flug nach New York, wo wir noch einige Tage verbringen wollen. Drei Nächte oder insgesamt 62 Stunden schlagen wir uns auf Flughäfen oder in Flugzeugen zwischen Perth und New York um die Ohren, bis wir dort endlich im Schneegestöber landen. Am 16. April, also nach 366 Tagen, kommen wir in Kloten an, wo wir von einem grossen Empfang überrascht werden. Es ist schön, so viele Angehörige und Bekannte gesund wiederzusehen.

 

Wir sind von einer grossen Befriedigung erfüllt, etwas gemacht zu haben, wovon wohl viele Menschen träumen, es aber dabei belassen. Dass ein derartiges Abenteuer auch von einem Querschnittgelähmten relativ problemlos zu meistern ist, soll Behinderte und Nichtbehinderte dazu aufmuntern, sich solche Träume zu erfüllen.

 

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