Westafrika Teil 2

Teil 2: Von Dakar, Senegal, nach Yaoundé, Kamerun

Auch die Natur lässt erkennen, dass wir uns nun in Schwarzafrika befinden: Trockensavanne mit riesigen Baobabs.

Camp im Busch von Gambia.

Unsere Frauen fahren mit dem Esel-Taxi ins nächste Dorf

An neugierigen Zaungästen mangelt es nicht.

Auf der Strecke von Kayes nach Bamako (Mali). Die Strasse ist streckenweise nur noch ein ausgewaschener Feldweg, und wir sind bereits zufrieden, wenn der Tacho am Abend 90 Kilometer mehr anzeigt als am Morgen vor der Abfahrt. Die Landschaft ist aber sehr schön, und hin und wieder sehen wir Affen, Gazellen oder Schakale. Barbusige Frauen unterbrechen ihre mühsame Feldarbeit, um uns lachend zuzuwinken. Überhaupt sind wir dauernd am Winken.

Auf dieser Strecke kommen wir an vielen ursprünglichen Rundhütten-Dörfer vorbei. Nun ist die Zeit gekommen, einmal in einem dieser blitzsauberen Dörfer Halt zu machen.

Um den Bevölkerungskontakt müssen wir uns nicht bemühen: Im Nu sind wir von den Dorfbewohnern umringt. Schwere Holzsessel werden für uns und die höher gestellten Persönlichkeiten herbeigeschafft. Natürlich sind wir für sie eine willkommene und spannende Abwechslung. Das Interesse besteht jedoch gegenseitig, da auch wir gerne einmal das Leben dieser Menschen aus der Nähe betrachten wollen.

Ein „Toubab" ist in ihren Augen offenbar immer auch gleich ein Arzt mit Wunder wirkenden Medikamenten. Verschiedenste Krankheiten und Verletzungen müssen wir beurteilen, und die hoffnungsvollen Blicke lassen uns tief in unserer Hausapotheke wühlen. Wir desinfizieren und verbinden schwärende Wunden, salben schuppende Haut ein und verabreichen schmerzstillende Tabletten. Ein Kind leidet an Malaria und wird vom Fieber geschüttelt, ein anderes hat gelbes Augenweiss, was auf Hepatitis schliessen lässt – da können wir allerdings nicht helfen.

Diese Menschen sind hauptsächlich Selbstversorger. Sie pflanzen das an, was sie für den täglichen Bedarf benötigen und als Vorrat speichern können. Die grosse Solidarität, die unter den Mitgliedern dieser Clans besteht, bietet dem Einzelnen soziale Sicherheit und Unterstützung in Notzeiten. Versicherungen, Alters- oder Pflegeheime braucht es hier nicht.

Nachdem die ersten Verarztungen beendet sind, zeigt man uns gerne das Dorf. Eigentlich ist es eine Ansammlung von Dörfern, die schliesslich zusammengefasst eine Ortschaft ergeben, denn die Menschen leben in Verwandtschaftsgruppen, in Clans, und bilden dadurch eine klar abgegrenzte Ansammlung von Hütten. Die „öffentlichen" Hütten, wie jene, die als Küche oder Aufenthaltsraum dienen, dürfen wir besuchen. Der Boden aus gestampfter Erde ist glatt wie Fliesen und sauber gefegt. Nirgends ist Müll oder Unrat zu sehen. Die Gebrauchsgegenstände sind ausnahmslos noch aus Naturmaterialien gefertigt. Zur Aufbewahrung oder zum Transport von Nahrungsmitteln dienen geflochtene Körbe, für Wasser aus Kürbisschalen gefertigte Kalebassen. Hirse oder Mais werden in einem behauenen, ausgehöhlten Stein mit einem Mörser aus hartem Holz zerstossen. Gekocht wird auf einer einfachen Feuerstelle.

Die berühmte Moschee von Djenné. "Einen ganz eigenen Stil – Banko genannt – haben die Moscheen mit ihren sauber verputzten Zinnen und Türmchen, aus denen Holzstreben ragen, die einerseits dem Bauwerk zu mehr Stabilität verhelfen, andrerseits den schwindelfreien Maurern Halt bei ihrer Arbeit geben, denn der Putz muss regelmässig erneuert werden, da der Regen das Baumaterial schnell wieder in seine Ursprünglichkeit auflöst. Lebenswichtig für diese Bauten ist daher auch eine gute Entwässerung des Flachdaches."

Am Montag, wenn der Wochenmarkt stattfindet, lässt Djenné allerdings wieder etwas vom Glanz längst vergangener Zeiten erahnen. Wir können am folgenden Tag miterleben, wie die in ihre bunten, traditionellen Gewänder gekleideten Volksgruppen der Bozo, Peul, Bambara, Songhay und Dogon auf schwer beladenen Fuhrwerken oder zu Fuss, die Frauen mit gefüllten Eimern oder Körben auf dem Kopf, in die Stadt strömen, um dort ihre Waren feilzubieten oder gegen andere zu tauschen. Die wunderschöne Moschee bildet dabei die malerische Kulisse zum farbenprächtigen Treiben.

Auf dem Weg zum Wochenmarkt von Djenné

Emsiges Treiben auf dem Wochenmarkt von Djenné

Der Kopf als Lastenträger: Frau in Mali

Frauen unterwegs in Mali

Die unverwüstlichen Peugeot-Buschtaxis trifft man immer noch häufig an. Hier dient der Peugeot auch noch als Fleischtransporter: Das Dach ist mit Rinderhälften beladen. Das bei grosser Hitze ungekühlt gelagerte Fleisch ist zudem noch Fliegen und Staub ausgesetzt, was uns zu temporären Vegetariern werden liess. Mopti - Mali

Boot auf dem Niger in Mali. "Von der Terrasse des Restaurants 'Le Bozo' schauen wir dem emsigen Treiben zu. Auf dem breiten Fluss gleiten schlanke Fischerboote dahin, aus denen die Männer aufrecht stehend, elegant und in weitem Bogen ihre Netze in die Fluten werfen. Vollgepferchte Personenfähren setzen ans andere Ufer über, eine abfahrbereite Fähre wird noch eilig mit Körben voller Fische und schweren Jutesäcken beladen, und unter uns seifen sich nackte Männer ungeniert ein, waschen sich den Schweiss und den Schmutz des Tages vom Leib. Langsam senkt sich die Sonne zum Horizont, hüllt die Szenerie in ein magisches Licht und lässt die Hitze endlich erträglich werden."

Nachdem die Frau die Hirse mit einem Mörser mühsam zerstossen hat, füllt sie das Getreide in den Korb ab, um ihn dann nach Hause zu tragen.

Von Mopti führt uns der Weg wieder in Richtung Süden ins Land der Dogon. Dabei passieren wir diese pilzförmige Felsformation.

Dieses in den schwer zugänglichen Bandiagara-Bergen lebende Volk beschäftigt immer noch westliche Anthropologen mit der Entschlüsselung ihrer komplexen Kultur. Eine neu angelegte Strasse hat nun die an ihr gelegenen Dörfer aus der Isolation gerissen – mit all den Vor- und Nachteilen, die solch umwerfende Veränderungen mit sich bringen. Man scheint in den kleinen Dörfern auf einen beschränkten Tourismus zu setzen, da die Dogon-Siedlungen von Fremden nur mit einem aus dem betreffenden Dorf stammenden Führer betreten werden dürfen. Zudem muss der Besucher eine kleine Gebühr entrichten, die der Gemeinschaft zugute kommen soll. Lehmhütten mit spitzen Strohdächern prägen das Dorfbild. Das Herz des Dorfes ist aber immer das nach allen Seiten offene Versammlungshaus, das vor allem durch ein von stämmigen, geschnitzten Holzpfeilern getragenes Dach aus dicken Schichten Hirsestroh auffällt.

 

Es ist nicht erlaubt, Bewohner zu fotografieren, auch nicht gegen Entgelt. Einzig einige alte Männer lassen sich gegen eine Gebühr von einigen Kolanüssen ablichten. Ansonsten will man das Betteln nach Geschenken und Geld unterbinden. Das sind löbliche Ansätze, und es bleibt zu hoffen, dass sie auch künftig konsequent durchgesetzt werden.

Abrupt endet das Hochplateau und fällt steile 300 Meter ab. Wir folgen dem Wegweiser zu einem weiteren, abgelegeneren Dorf am Fusse des Bandiagara-Massivs.

Hoch über dem Dorf, in einer grossen, überhängenden Felsnische der senkrechten Felswand, befinden sich festungsartige Türme und Wohnhöhlen, gebaut von den Tellem, einem Volk, das vor den Dogon hier lebte. Uns fällt die grosse Ähnlichkeit zum Pueblo-Stil der alten Indianersiedlungen im Südwesten der USA auf. Das mysteriöse Volk der Tellem ist längst verschwunden – vom Islam oder den Dogon vertrieben, vielleicht auch ausgestorben.

Nie liessen sich die Dogon unterwerfen, und bis in die Gegenwart blieben sie ihren alten Traditionen treu. Initiationsriten, Ahnenkulte und Mythologie prägen heute noch den Alltag dieses Volkes, auch wenn viele den christlichen oder islamischen Glauben angenommen haben. Unser Führer unterstreicht das friedliche Mit- und Nebeneinander von Christen, Moslems und Animisten. Anstehende Probleme der Dorfgemeinschaft werden immer noch im Versammlungshaus der Ältesten solange ausdiskutiert, bis eine für alle akzeptable Lösung gefunden ist – und wenn es Tage dauert.

An besonderen Ritualplätzen findet die Beschneidungszeremonie statt, durch die aus Jungen Männer werden. Anschliessend erhalten sie anhand religiöser Felsmalereien eine umfassende Einführung in die Glaubenslehren. Eine der schönsten heiligen Wände befindet sich bei der Ortschaft Songo.

Dogon-Haus mit allerlei Getier.

Camp zwischen den geschichtsträchtigen Mauern eines ehemaligen Forts an der Küste Ghanas

Malerische Küste Ghanas

Wir folgen einem Nebensträsschen, das schliesslich in einem Fischerdorf endet. Sofort sind wir von der uns mit Fragen überhäufenden Bevölkerung umringt. Am Ufer liegen bunt bemalte Fischerboote, daneben flicken Fischer ihre Netze oder sind mit anderen Unterhaltsarbeiten beschäftigt – eine idyllische Szenerie.

Heiligabend am Traumstrand westlich von Takoradi, Ghana. "Während wir dem Strand entlang flanieren und den Fischern bei der Arbeit zusehen, erkundigt sich ein Mann, ob wir einen Platz suchten, um Weihnachten zu verbringen. Nachdem wir seine Frage bejaht haben, heisst er uns, ihm zu folgen. Auf einem schmalen Fussweg geht es über einen Hügel, auf dem auch der Friedhof des Dorfes liegt. Unsere Bedenken, so pietätlos durch den Friedhof zu fahren, zerstreut der Mann mit dem Hinweis, es seien da schon mehrmals Autos durchgefahren. Die Toten, die hier begraben liegen, wurden an einem wahrlich paradiesischen Ort zur letzten Ruhe gebettet. Unser Blick schweift über eine felsige Halbinsel, der ein kilometerlanger, unberührter Sandstrand folgt. Kokospalmen beugen sich graziös zum mächtig anrollenden Meer hin. Wir fahren noch etwas weiter durch den Palmenhain und richten uns in einiger Entfernung zum Dorf ein. "

Von Ghana geht es weiter nach Togo und Benin. René muss zwischenzeitlich noch eine Malaria-Attacke auskurieren. Da wir inzwischen festgestellt haben, dass man in Afrika nur sehr langsam vorwärts kommt, kommen wir vom ursprünglichen Plan, Nigeria zu umfahren, ab und nehmen die direkte Route durch dieses verrufene Land. Nun, ein Zuckerlecken ist die Durchquerung Nigerias nicht, da das Land aber über ein relativ gutes Strassennetz verfügt, schaffen wir die 1'200 Kilometer in 3 1/2 Tagen. Vor und nach der Grenze zu Kamerun geht es dann durch schöne Landschaft über weite Strecken durch den Regenwald. Hier gibt es aber Streckenabschnitte, die während der Regenzeit nahezu unpassierbar sind. Ein Beweis dafür ist dieses Video, das eben auf dieser Strecke aufgenommen wurde. Das Team, bestehend aus 4 Fahrzeugen und 19 Personen, benötigte für 32 Kilometer ganze 13 Tage! Es lohnt sich also, die Regenzeit sorgfältig in die Reiseplanung einzubeziehen.

In der Regenzeit füllen sich diese Löcher mit Wasser und der Boden verwandelt sich in eine schlammige Schmierseife. Das Umfahren dieser Schlammlöcher ist dann sehr schwierig und gefährlich, da das Fahrzeug schnell in Rutschen kommt. An dieser Stelle sei nochmals auf obiges Video hingewiesen.

Den überaus fruchtbaren Hängen des Mount Cameroon entlang gelangen wir durch grosse Kakao-, Kautschuk-, Bananen-, Palmöl- und Teeplantagen einmal mehr an die Küste des Atlantiks.

Mit seiner Höhe von 4’070 Metern ist der aktive Vulkan, die er infolge der unmittelbaren Küstennähe quasi von Null aus erreicht, der höchste Berg Westafrikas. Das Gebiet um den Mount Cameroon zählt mit mehr als 11’000 Millimetern jährlichem Niederschlag zu den regenreichsten Regionen der Erde. So ist es nicht weiter verwunderlich, wenn hier seit Monaten die ersten Schauer über uns niedergehen. Dieser Umstand hüllt den mächtigen Vulkan leider meist in dunkle, regenschwere Wolken. Nur für einen kurzen Augenblick öffnet sich der Schleier, zeigt sich der Berg plötzlich dem überraschten Betrachter.

Erst vor wenigen Jahren hat der Vulkan wieder einmal auf seine in ihm schlummernde Gewalt aufmerksam gemacht und die Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Ein mächtiger Lavastrom ergoss sich über viele Kilometer den Abhang hinunter, frass sich durch Wälder und Plantagen und überquerte die neu erstellte Küstenstrasse, um endlich kurz vor dem Erreichen des Meeres zu erstarren. Bange Momente mussten damals die Besitzer einer nahe des Lavastroms gelegenen Hotelanlage ausstehen. Hier schlagen wir nun unser Nachtlager auf und spazieren dem Strand entlang, um die nähere Umgebung zu erkunden. Die überaus üppige Vegetation drängt, so weit es ihr irgend möglich ist, bis zum Spülsaum des Meeres hin. Tief beugen sich schattenspendende Bäume über den ungewohnt schwarzen, festen Sand, den vulkanische Ausläufer des Mount Cameroon zurückgelassen haben.

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