Wir
verlassen Djanet wieder, um die Piste nach Tamanrasset
unter die Räder zu nehmen. Schon bald begegnen wir einer kleinen
Kamelkarawane. Freundlich winken uns die beiden Tuaregs zu. Wir
geniessen den Anblick dieser majestätisch wankenden „Wüstenschiffe“.
Wie lange wird es diesen Anblick wohl noch geben? Das Kamel, dieses
perfekt an die Wüste angepasste Tier, wird in seiner Jahrtausende alten
Funktion als Fortbewegungsmittel immer mehr von Geländewagen und LKWs
verdrängt. |
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Rund
400 Kilometer Piste liegen nun vor uns. Es handelt sich dabei einfach um
einen mehr schlecht als recht markierten, aber in keiner Weise
trassierten Weg durch die Wüste. Das Gelände ist meist flach und der
Boden oft sandig, aber gut befahrbar. Nach anfänglichen
Orientierungsschwierigkeiten treffen wir nach einigem Suchen endlich auf
die Hauptpiste. Da wir nun ziemlich sicher sind, dass unsere Vorderachse
deformiert ist, fahren wir noch vorsichtiger als sonst. Wir haben ja
Zeit und die Wasser- und Lebensmittelvorräte würden notfalls für
einige Wochen reichen. Die Landschaft ist weit, menschenleer und
eindrucksvoll. Verstummt der Motor, ist die Stille dermassen absolut,
dass das einzige Geräusch das Ticken meiner Armbanduhr ist.
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Gegen
Abend des zweiten Tages auf dieser Piste sind erstmals unheilbringende Geräusche
aus der Vorderachse zu vernehmen. Nun fahren wir noch langsamer weiter
und erreichen endlich das Militär-Fort Serouenout. Erneut werden
unsere Personalien freundlich aufgenommen und bei dieser Gelegenheit
erklären wir unser Problem mit der Vorderachse. Der Kommandant ruft
nach dem Mechaniker. Natürlich kann der auch nicht viel ausrichten und
wir vereinbaren, dass wir uns in der nächsten, 250 Kilometer entfernten
Oase binnen vier Tage bei der Gendarmerie melden werden. |
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Wir
fahren weiter, müssen aber bald einmal feststellen, dass die Geräusche
an Intensität zunehmen. Nach etwa 30 Kilometern schlagen wir unser
Nachtlager auf und beschliessen, morgen zum Fort zurückzukehren, um die
Ursache des Geräusches zu eruieren und nach Möglichkeit zu reparieren.
Ersatzteile und Werkzeuge führen wir schliesslich mit uns. |
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Nach
1 ½ Tagen des Wartens in der schattenlosen Wüste nähert sich
eine Staubfahne dem mit Lehmmauern befestigten, einsamen Fort. Es ist
der Lastwagen. Nun sind wir gespannt, wie unser Beni auf die hohe
Ladebrücke kommt. In einiger Entfernung erheben sich Hügel aus der
Ebene und dorthin geht es nun in Begleitung der halben Besatzung des
Forts. Man dirigiert mich auf eine felsige Erhebung. Der Lastwagen hat
an der steilen Flanke geparkt. Emsig werden Felsbrocken entfernt
und mittels arg deformierter Sandbleche wird eine Brücke zur Ladefläche
erstellt. Nach einigen bangen Momenten steht Beni auf dem
Lastwagen. Nur schade, dass wir diese spektakuläre Verladeaktion nicht
fotografieren dürfen, da es sich gemäss Kommandant um einen militärischen
Einsatz handelt. |
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Endlich
kann es losgehen. Unseren Gastgebern zuwinkend, verlassen wir das Fort
auf einer anderen Piste als jener, auf der wir vor zwei Tagen hierher
kamen. Nebst Ahmed, dem zivil gekleideten Gendarm, besteht die
Besatzung noch aus zwei turbanbewehrten Tuaregs. Erwartungsgemäss
werden wir arg durchgeschüttelt, obwohl der Fahrer sein schweres
Fahrzeug sehr umsichtig über die meist flache und sandige Wüste führt.
Besorgt beobachte ich im Rückspiegel die Stabilität unseres Wagens,
denn bereits eine geringe Seitwärtsbewegung könnte ein Touchieren an
den seitlichen Laden bewirken. Aber es geht soweit alles gut und noch
vor Einbruch der Nacht ist das kleine Dorf Bordj el Haoues an der
Asphaltstrasse erreicht. Wie wir inzwischen erfahren haben, gehört der
Lastwagen der Gemeinde dieses Dorfes und auch die drei Männer sind für
die Gemeinde tätig. Trotzdem rechnen wir nun mit einer saftigen
Rechnung, denn der Lastwagen musste etwa 250 Kilometer zurücklegen, und
die Besatzung benötigte für unsere Bergung einen vollen Tag. Doch
wiederum bleibt uns nur ungläubiges Staunen: Die Bergung sei kostenlos,
wird uns mitgeteilt. Eine Freude können wir den drei Männern mit
Polaroid-Erinnerungsfotos sowie einigen kleinen Geschenken bereiten.
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Ein voller Tag Arbeit ist notwendig, um die durch Reparaturen und Transport entstandenen Schäden zu beheben. Müde und vor Schmutz starrend, beenden wir knapp vor Sonnenuntergang diesen erfolgreichen Arbeitstag. |
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Nachdem
wir uns auch noch von Ahmed und einigen anderen neu gewonnenen
Freunden verabschiedet haben, machen wir uns auf den weiten Weg: Rund
2'000 Kilometer sind es bis nach Tunis. Möglichst Geräusche und
Vibrationen vermeidend, fahren wir äusserst vorsichtig nordwärts. Für
die fantastische Landschaft haben wir kaum mehr Augen – zu sehr sind
wir auf das Vorwärtskommen konzentriert. Am Abend ist Illizi
tatsächlich erreicht. Am Rande eines hohen Dünenfeldes schlagen wir
unser Nachtlager auf. Während wir bei hochsommerlichen Temperaturen
unser letztes Bier geniessen, hören wir über Kurzwelle von
Minustemperaturen und Schneefall in Mitteleuropa.
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Anfänglich geht auch weiterhin alles gut, doch etwa 160 Kilometer vor dem Ziel scheint das Ende zu kommen: Die Gelenke oder die Lager der Antriebswellen sind nun offenbar dermassen ausgeschlagen, dass an ein Weiterfahren nicht mehr zu denken ist. Im Schritttempo holpern wir noch zu einer Tankstelle, dann rufen wir die Pannenhilfe in Tunis an. Es ist bereits nach 22 Uhr, als wir mit abgehängter Kardanwelle am Haken des Abschleppwagens Richtung Hauptstadt fahren - und 1 Uhr in der Früh, als wir uns im Hafen von den sehr freundlichen Männern des Abschleppdienstes verabschieden. Mit knackender Vorderachse in aufsehenerregender Schräglage „schleichen“ wir dann am folgenden Nachmittag auf die Carthage.
Ein trauriger Anblick: Beni im Hafen von Genua
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